Jung, Richard
Wollkaufmann, * 12.5.1865 Wernshausen Kreis Schmalkalden, † 9.9.1936 Bremen. (evangelisch)
Genealogie
Vater Barthel Heinrich, Sohn des Joh. Adam, beide Holzhändler in Wersnhausen; Mutter Marie Christiane Jung; ⚭ Wernshausen 1893 Emma (1868–1950), Tochter des Richard Aschenbach in Wernshausen und der Emilie Wagner; 2 Söhne, u. a. →Walter (1894–1942), Dir. d. Bremer Woll-Kämmerei in B.-Blumenthal seit 1936.
Leben
|Seine Ausbildung erhielt J. in einer Kammgarnspinnerei in Wernshausen. Mit 23 Jahren kam er als Angestellter zur Bremer Woll-Kämmerei in Blumenthal, deren Ausbau zum größten deutschen Unternehmen dieser Art sein Werk wurde. Seine Umsicht, seine Fachkenntnisse, aber auch seine charakterlichen Qualitäten hatten es bewirkt, daß er von den Leitern des Unternehmens, in erster Linie von Ferdinand Ullrich, auf verantwortungsvolle Posten berufen wurde. 1898 erhielt er Prokura, 1909 Stellvertretung im Vorstande. Als Ullrich 1915 starb, trat J. seine Nachfolge an. Er hat das Werk trotz der schwierigen Kriegszeiten und der bedrohlichen Krisen in den Nachkriegsjahren zielbewußt zu einem in aller Welt bekannten Unternehmen entwickelt, die Fabrikanlagen in ihrer günstigen Lage an der seeschiffstiefen Weser vergrößert und in ihrer Ausstattung stets auf der Höhe der Zeit gehalten, neue Erzeugungsbereiche entwickelt und eingegliedert. Die Zahl der Beschäftigten stieg in den 20 Jahren seiner Leitung von 1 350 auf fast das Dreifache. Gewiß waren billige Arbeitskräfte aus Polen und Böhmen darunter; daß aber für sie wie für alle anderen, der Zeit vorauseilend, durch gemeinnützigen Wohnungsbau, Krankenkassen, Unterstützungs- und Ruhegehaltseinrichtungen wie auch in kultureller Hinsicht gesorgt wurde, ist in nicht geringem Maße J.s Verdienst. Groß war sein Ansehen in Fachkreisen des In- und Auslandes. In der „Convention deutscher Wollkämmereien“ führte er lange den Vorsitz. In der Industrie- und Handelskammer Wesermünde, die damals, vor der Neugliederung des Hoheitsbereiches der Stadt Bremen, für Blumenthal zuständig war, wurde er Präsident. Die Gemeinde Blumenthal hat durch ihn mannigfache Unterstützung, auch in kulturellen Angelegenheiten, erfahren, wie ihr Aufblühen überhaupt vor allem der Bremer Woll-Kämmerei zu verdanken ist. 1935 verlieh sie J. das Ehrenbürgerrecht.
Literatur
A. Tietjen, Blumenthal - meine Heimat, 1937, S. 126 ff. (P); ders., in: Brem. Biogr. 1912–62, Nr. 245, 261 f.; Nachrufe i. d. Norddt. Volksztg. (Vegesack) u. i. d. Brem. Nachrr. v. 10.9.1936 (P).
Autor
Friedrich Prüser
Empfohlene Zitierweise
Prüser, Friedrich, „Jung, Richard“, in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 678 f. [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd137670990.html
Enkelin Karin Visser-Jung mit Sohn Hans Visser vor dem Bild ihres Großvaters, Richard Jung, aufgenommen anlässlich des 130sten Gründungsjahres der Bremer Woll-Kämmerei (BWK) am 13. April 2013 in der ehemaligen Kaufmännischen Verwaltung der BWK (heute im Besitz der Baufirma Fa. Gill).